Der Spiegel - Vermeintliche Opfer ritueller Gewalt - Im Wahn der Therapeuten

Am 11.03.2023 veröffentlichte der Spiegel den S+ Artikel Vermeintliche Opfer ritueller Gewalt - Im Wahn der Therapeuten, zusätzlich in der Print-Ausgabe 11/2023. Es geht darum, dass die Aussagen einer Satanic Panic Therapeutin ohne Prüfung von allen Ämtern übernommen wurden und zum Sorgerechtsentzug einer jungen Frau führte.

Weiter möchte ich hier nicht auf den Inhalt eingehen, sondern stattdessen auf drei gute Artikel von GWUP | Die Skeptiker und des Blogs Debunking SRA dissoziationen.de verweisen.

Ja, ich freue mich über die Berichterstattung die in Deutschland längst hinfällig war. Gleichzeitig empfinde ich Trauer darüber, dass erst durch diese Berichterstattung überhaupt etwas passiert ist. Gleichzeitig Angst vor dem, was noch passieren wird. Noch hat Malin ihre Tochter nicht wieder und nach all dem Wahnsinn der bisher passiert ist, möchte ich mich nicht auf das einzig logisch erscheinende Ergebnis verlassen.

Diesen Fall begleite ich seit Ende 2020 und habe mitbekommen was alles probiert wurde und was ich teilweise selbst versucht habe in Gang zu setzen. Die Situation ist erschreckend, ganz abseits vom Thema Satanic Panic.

  • Jugendamt, egal ob in Unna oder in Süd-Deutschland … nichts hören, nichts sagen, nichts sehen
  • Öffentlicher Jugendhilfeausschuss - beruft sich auf Datenschutz und individuelle Entscheidungen
  • Amtsgericht … siehe Artikel des Spiegels
  • Oberlandesgericht … siehe Artikel des Spiegels
  • Brief an den Petitionsausschuss des Landtags NRW - Eingangsbestätigung am 09.08.2022, danach nichts mehr trotz Nachreichen der Schweizer Gutachten und der Ergebnisse der niederländischen Kommission. Rein rechtlich muss sich dieser mit dem Anliegen beschäftigen
  • Brief an das Gesundheitsministerium, Antwort erst nach erneuter Erinnerung: “Wir haben kein Problem in dem Bereich”
  • Brief an das Justizministerium, Antwort erst nach erneuter Erinnerung: ausführliche Antwort durch die Stelle “Hilfe für Opfer von Straftaten”, welche im Endeffekt allerdings nur aus Tipps bestanden dir wir bereits selbst erarbeitet hatten. Die Gerichtsbarkeit ist unabhängig, aber die Dame hat sich sichtlich Mühe bei den Recherchen gegeben.
  • Brief an das Familienministerium, keine Antwort, auch nicht nach Erinnerung
  • Brief an die Unabhängige Missbrauchsbeauftragte … die Reaktion ist hier zu lesen
  • Bistum Münster … wurde mehrmals angeschrieben wer die Verantwortung dafür übernimmt. Mehrere Antworten in denen sich keiner zuständig sah. Reaktion nach dem Spiegel Artikel: Webseite der Beratungsstelle nicht mehr erreichbar.
  • Beschwerde bei der Psychotherapeuten-Kammer, keine Antwort bis einschließlich 13.03.2023
  • Mehrere Anfragen bei namenhaften Gutachtern und (klinischen) Psychologen, Rückmeldungen waren nur spärlich … das Thema ist politisch zu heiß
  • selbst bei Kliniken mit gutem Ruf hatte die Satanic Panic bereits Einzug gehalten, man kannte dort zumindest Fälle satanisch ritueller Gewalt und hielt diese für realistisch. Diesen Eindruck erweckte sogar die Station von Baeyer am Uniklinikum Heidelberg, nachdem dort ein Kennenlernen stattfand

Der Leiter des Jugendamtes sowie der Gruppenleiter, die die Entscheidungen befürwortet und im Eilverfahren durchgewunken haben, sind inzwischen beide im Ruhestand. Kurz davor bescheinigte man dem Jugendamt eine gute Arbeitsweise. Keine Maßnahme des “geringsten Übel” wurde angewendet, wie es eigentlich Maßstab sein sollte - der möglichst niedrigst invasivste Eingriff in das Leben von Mutter und Kind. Keine Prüfung von Amtswegen. Gutachten auf Aktenbasis. Müsste ich weiter raten: Familiengerichte sind nicht für Strafprozesse verantwortlich.

In diesem Kontext erscheinen mir Behörden wie Versicherungen: man ist besser dran, wenn man sie nicht braucht. Ein Versagen über alle Kontrollinstanzen hinweg, inklusive Verhaltensweisen die selbst bereits an Rechtsbruch grenzen, wenn nicht sogar sind. Man deckt sich, man lässt schleifen, man sitzt aus. Im Stich gelassen und ausgenutzt von den Einrichtungen, die eigentlich für die Rechte der Menschen eintreten sollten. Inklusive einer Therapeutin mit psychotisch anmutenden Äußerungen, deren Aussagen ungeprüft von mehreren studierten Psychologinnen und Sozialarbeitern übernommen wurden.

Mir wird schlecht bei dem Gedanken, wie vielen Menschen vielleicht ähnliches passiert. Menschen die keinen Verein an ihrer Seite haben, bei denen keine bekannte Zeitschrift berichtet, Menschen die vollkommen auf sich allein gestellt sind.

Malin hat meine Bewunderung. Eine starke Frau die all dies erleben musste und trotzdem weiter für ihre Tochter kämpft.

Der Artikel ist sehr entscheidend, allerdings kann er lediglich der Anfang einer noch lange andauernden Aufklärungsarbeit sein. Zu tief hat diese Ideologie bereits in Ämtern, Institutionen und Seminaren Einzug gehalten. Allein beim UBSKM, kann zu mindestens einem Drittel der Mitglieder ein direkter Zusammenhang zur These der satanisch rituellen Gewalt hergestellt werden. Zudem reicht es nicht, wenn Beratungsstellen geschlossen werden und die Akteure woanders das Gleiche erneut durchziehen.

Wer glaubt dies sei ein Einzelfall, irrt sich ganz gewaltig. Im Jahr 2018 berichtete Die Zeit in ihrem Podcast ebenfalls von einem Fall, in dem eine suggestive Bearbeitung durch eine Nachbarin großen Schaden anrichtete und dadruch das Jugendamt einer Familie das Kind entzog.

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Quellen