25. Oktober 2025 Allgemein15
Am 9. Oktober 2025 veröffentlichte das Bistum Münster in einer Pressemitteilung die Ergebnisse einer Untersuchung zu Vorwürfen Ritueller Gewalt.
In den untersuchten Fällen fanden sich keine belastbaren Beweise für rituelle Gewalt. Man kam sogar zu dem Ergebnis, die Beratungsstelle des Bistums Münster, welche im März 2023 nach Berichterstattung des Spiegels geschlossen wurde, war maßgeblich an der Verbreitung eines Narrativs Ritueller Gewalt beteiligt und hätte in dem Zusammenhang viel früher geschlossen werden müssen.
Die Veröffentlichung wurde in zahlreichen Medien aufgegriffen. Da in diesem Beitrag der Fokus auf der anschließenden Kritik liegen soll, sei für einen allgemeinen Überblick auf zwei Artikel von Bernd Harder im Skeptix-Blog verwiesen:
Kritikpunkte folgender Veröffentlichungen sollen hier zusammengefast und näher beleuchtet werden:
Sowohl der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz als auch Kerstin Claus üben Kritik bezüglich der im Bericht verwendeten Definition Ritueller Gewalt aus - dieser sei in seiner Definition zu eng gefasst oder entspreche nicht dem eigenen Verständnis Ritueller Gewalt.
Das Gutachten orientiert sich mehr an einem Konstrukt von Merkmalen und bezeichnete eine “Beschreibung Ritueller Gewalt aus der Einleitung einer Publikation des „Arbeitskreises Rituelle Gewalt der Bistümer Osnabrück, Münster und Essen“ als anschauliches Beispiel für die untersuchten Fälle.
Auf Seite 16 des Berichtes werden folgende Kerninhalte genannt:
- ein Täternetzwerk (“Sekte”, “Kult”) mit Verbindungen zu Organisierter Kriminalität,
- dass an kindlichen Opfern regelmäßig und wiederholt schwerste Gewalttaten, insbesondere (aber nicht ausschließlich) sexueller Natur verübt,
- zur Geheimhaltung der Taten im Besonderen und der Kultstrukturen im Allgemeinen gezielt Persönlichkeitsspaltungen bei den Opfern herbeiführt,
- diese Opfer hierdurch bis ins Erwachsenenalter „programmieren“ und „robotergleich“ steuern kann,
- wobei die Opfer im Laufe der Zeit im Alltagsleben massive (insbesondere psychische) Probleme bekommen, deretwegen sie in psychotherapeutische Behandlungkommen,
- im Alltag und in diesen Behandlungen lange Zeit keine Erinnerungen an das Täternetzwerk und das ihnen Widerfahrene haben,
- bis sie diese Erinnerungen (erst) im Rahmen von Therapien wiedergewinnen.
Den letzten Punkt könnte man relativieren, da autosuggestive Prozesse zu gleichen Erkenntnissen führen können, ohne je eine Therapie besucht zu haben. Zum Beispiel eine bestärkende und erzeugende Wirkung falscher Erinnerungen im Austausch mit anderen Betroffenen. Psychotherapien sind ein mögliches Einfallstor für False Memories, aber nicht das einzige.
Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenze findet es zwar nachvollziehbar, dass man durch das Einbeziehen von Mind-Control zu solch einem Ergebnis kommt, betrachtet die dort verwendete Definition jedoch als zu kurz. Dabei wird auf Berichte der Betroffenen-Vertreter verwiesen.
Der Betroffenenvertretung bekannte Fälle, in denen Betroffene von Täter-Netzwerken und ritualisierter Gewalt berichten, auch aus den hier untersuchten Bistümern, schildern Taten, in denen kirchliche Rituale oder religiöse Symbole in die Missbrauchshandlungen einbezogen wurden. Diese dienten sowohl als Rechtfertigung der eigenen Handlungen wie der Manipulation der Opfer, wenn beispielsweise eine „Salbung“ an die Stelle einer sexuellen Handlung gesetzt wurde.
(Kritik des Betroffenenbeirat)
Dieser Aussage nach scheint es beim Betroffenenbeirat auszureichen einen Fall als Rituelle Gewalt zu bezeichnen, wenn innerhalb des Missbrauchs religiöse Elemente einbezogen werden. Diese können als Rechtfertigung dienen, müssen es anscheinend aber nicht.
Was offen bleibt ist, ob zu den dort bekannten Fällen polizeiliche Ermittlungen stattfanden und zu welchem Ergebnis diese führten. Die Schilderung alleine hat keine Aussagekraft und würde auf ein bereits bekanntes Problem von Betroffenenberichten stoßen, die bereits in der Vergangenheit immer wieder als vermeintlicher Beweis herangeführt wurden.
Kerstin Claus, aktuelle Unabhängige Missbrauchsbeauftragte, äußert sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung ebenfalls kritisch in Bezug auf die Definition.
Der Definition Ritueller Gewalt der Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten, ist folgendes zum Thema religiöse Symbole (im weiteren Sinne) zu entnehmen …
Dient eine Ideologie als Begründung oder Rechtfertigung von Gewalt, bezeichnet man dies als rituelle Gewalt. Eine solche Ideologie kann religiös sein und beispielsweise im Kontext von Sekten und Kulten vorkommen oder sich aus einer politischen Überzeugung, zum Beispiel in rassistischen oder faschistischen Gruppierungen, ableiten.
In diesem Kontext wird die Ideologie als Tatmotiv genannt, nicht nur als Element manipulativer Zwecke. Es wird erneut deutlich, wie unterschiedlich der Begriff Rituelle Gewalt verstanden wird.
Heute verwendet das Amt der Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten den Begriff Rituelle Gewalt in einem weiter gefassten Kontext. Das war nicht immer so, was auch den Autoren des Berichts bekannt ist. So schreiben die Autoren in Fußnote 19, S. 14f des Untersuchungsberichts, dass Mind-Control ein früherer Bestandteil der Definition bei der UBSKM war, heute aber nicht mehr auf deren Webseite zu finden sei.
Die Spuren zum Narrativ “Rituelle Gewalt Mind-Control” sind auch heute noch in wissenschaftlich deklarierten Ausarbeitungen der UBSKM zu finden, deren Expertise selbst beim Bundesfamilienministerium übernommen wurde.
(Sexueller Kindesmissbrauch in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen, Seite 5)
Die gleichen Merkmale kommunizierte im Jahr 2021 der Nationale Rat (anhängig beim Amt der UBSKM) an das Bundesfamilienministerium. Siehe Ausarbeitung “Gemeinsame Verständigung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen”, Seite 82. Ausschlaggebend war dafür ebenfalls die Definition des Fachkreises “Sexualisierte Gewalt in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen”. Diesem Fachkreis gehörte unter anderem die damalige Leiterin der Beratungsstelle des Bistums Münsters an.
Im Laufe der Zeit wird Rituelle Gewalt nach Außen anders kommuniziert. Es bleibt Spekulation, ob diese Umdeutungen als Erkenntnisgewinn, oder Ausweichen vor Kritik verstanden werden können.
Sowohl die Aufarbeitungskommission als auch der Betroffenenbeirat kritisieren, dass der Bericht keine Aussage zu Täternetzwerken innerhalb des Missbrauchs der katholischen Kirche treffen kann. Auf den gesamten Missbrauchskomplex bezogen stimmt das, wobei der Untersuchungsbericht nicht den Anspruch hat diese Aussage zu treffen.
Da es so gut wie unmöglich ist die Nicht-Existenz von etwas zu beweisen, liegt die Beweislast normalerweise auch bei der Partei, die eine These aufstellt.
Da einige Medien eine eher verallgemeinernde Überschrift zu Täternetzwerken gewählt haben, ist es vermutlich sinnvoll nochmals darauf hinzuweisen, dass sich der Untersuchungsbericht auf lediglich einen Bruchtteil innerhalb der gesamten Missbrauchsfälle bezog.
Insofern ist ein Hinweis des eckigen Tisches angemessen, lässt sich im Sinne einer Schuldfrage jedoch nicht auf den Bericht selbst schieben:
[…] Kurz nach Veröffentlichung wurde aber in mehreren Berichten über das Gutachten geschrieben, dass das Gutachten besagen würde, dass es keine Netzwerke in der katholischen Kirche gäbe, die Missbrauch ermöglich(t)en, begünstig(t)en oder durch systematische Vertuschung deck(t)en. Wir möchten daher betonen, dass kein Zweifel besteht, dass es gute belegt Missbrauchstaten durch die in dem Gutachten erwähnten Priester aber auch durch den Kardinal von Essen Hengsbach gegeben hat.
(Stellungnahme des Eckigen Tisches)
Der Bericht des Bistum Münster beschäftigte sich im Kern mit Aussagen spezifischer Einzelfälle und deren Plausibilität, jedoch keiner generellen Einschätzung zur Existenz von organisierten Netzwerken innerhalb der Bistümer. Diese einbezogenen Fälle wurden differenziert betrachtet und nicht grundsätzlich infrage gestellt. So kam es vor, dass verschiedene Schilderungen derselben Personen mal als plausibel, mal als unplausibel eingeordnet wurden. (Untersuchungsbericht, S. 85ff)
Die Schilderungen, die für sich ein ähnliches Bild von Taten zeichneten und allesamt von einem organisierten Kontext berichteten, erlaubten jedoch nahezu auszuschließen, dass zu diesen Taten irgendeine Form von organisierter Ritueller Gewalt vorlag.
Mal war von einem christlichen, mal von einem satanistischen Kult die Rede. Auch die Kutten der Mitglieder unterschieden sich deutlich voneinander. Den Schilderungen fehlte es deutlich an Konsistenz. So ist dem Untersuchungsbericht, auf Seite 81, folgendes zu entnehmen:
In der Folge unterscheidet sich auch die Bekleidung der “Kultmitglieder” erheblich. Manchmal treten die Täter in Talar und Mitra in Erscheinung, manchmal wird auch auf eine Art Mönchsgewand mit Kapuze zurückgegriffen. Es gibt aber auch Erinnerungen an große Kapuzen, “ähnlich wie beim Ku-Klux-Klan” oder rote Kutten mit Ziegenkopf. Der Ziegenkopf ist wiederum bei einer Betroffenen dem “Horus of Seth” (also dem geistigen Führer) vorbehalten, bei einer anderen wird er von sog. “Programmierern” auf unterer Stufe getragen.
Darüber hinaus wurde von Räumen berichtet die nachweislich nicht existieren. Angebliche Tatorte befinden sich in komplett anderen Ländern, wodurch einige Schilderungen zum Tathergang logistisch unmöglich wurden.
Trotz voller Überzeugung, dass es sich auf gezeigten Bildern um die Täter handeln soll, konnten die Namen der Beschuldigten nicht den richtigen Gesichtern zugeordnet werden.
Warum die Methode ungeeignet sein soll, wird unterschiedlich begründet. Der Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz merkt an, dass psychische Folgen traumatischer Erfahrungen bei Aussagepschyologischen Begutachtungen nicht ausreichend berücksichtig würden. Diese Kritik ist unbegründet und wird im zweiten Artikel von Bernd Harder aufgegriffen, inklusive Quellenverweise auf Fachliteratur.
Stephan Rixen, seit 2023 Mitglied der Aufarbeitungskommission äußerte sich wie folgt gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger
Rixen moniert, dass die Gutachterinnen lediglich die Gesprächsvermerke der Anwälte beurteilt hätten. „Das ist unseriöse Aussagepsychologie nach dem Stille Post-Prinzip.“
Eine Kritik der ich mich anschließe, ist das fehlende persönliche Gespräch zwischen Betroffenen und Gutachterinnen. Jedoch glaube ich nicht, dass dies etwas am Ergebnis geändert hätte. Im Bericht wurden keine Ferndiagnosen gestellt, sondern die Plausibilität von Aussagen überprüft und potentielle Einflüsse auf die Erinnerungsqualität berücksichtigt.
Die Aufarbeitungskommission schreibt dazu lediglich
Insbesondere die Aussage, die Untersuchung habe keinen einzigen belastbaren Hinweis auf Täternetzwerke erbracht, kann uns unter Berücksichtigung von Gegenstand und Methode der Untersuchung nicht überzeugen. Auch soweit die Glaubhaftigkeit von Betroffenenaussagen im Fokus der Untersuchung stand, bleiben viele Fragen offen
(Stellungnahme der Aufarbeitungskommission)
Der Bericht wurde an dieser Stelle unvollständig wiedergegeben. Auf Seite 11 des Berichtes steht geschrieben …
Die Untersuchung hat nicht einen einzigen belastbaren Hinweis auf die von den Betroffenen beschriebenen Vorwürfe Ritueller Gewalt und organisierter Netzwerke erbracht.
Unabhängig von der unvollständigen Wiedergabe äußert sich die Kommission nicht, wie sie zu dieser Schlussfolgerung gekommen ist. Es werden auch keine Beispiele der vielen offenen Fragen genannt. Zum Verständnis wäre eine ausführlichere Antwort hilfreicher gewesen, anstatt in Manier von Taubenschach einfach ein paar Schlagworte von sich zu geben.
Eine vom Eckigen Tisch verlinkte Stellungnahme der Betroffeneninitiative Niederbayern benennt die Aussagenpsychologie gar als ideologische Strömung, ohne internationale Anerkennung:
Diese gilt außerhalb des deutschsprachigen Raums eher als ideologisch geprägte Strömung denn als anerkannte wissenschaftliche Schule. Einen international etablierten Begriff für “Aussagepsychologie” gibt es nicht.
Es ist richtig, dass die Aussagepsychologie eher im deutschsprachigen Raum Anwendung findet. Über die Validät kann dies allerdings nichts aussagen, lediglich über die internationale Anerkennung. In anderen Ländern werden andere Verfahren und andere Methoden bevorzugt.
Kritik an der Wissenschaftlichkeit wurde bereits mehrfach von Betroffenenvertretern geäußert und auch wiederholt fachlich als unbegründet bezeichnet:
Der Eckige Tisch betont, dass in den Prüfverfahren lediglich eine Plausibilitätsprüfung und keine Begutachtung durchgeführt wird. Erläuterungen zum Verfahren können über die Webseite der Deutschen Bischofskonferenz in Erfahrung gebracht worden.
Die gesamte Ordnung steht dort zum Download bereit.
Zur Plausibilitätsprüfung heißt es dort:
Die Ansprechpersonen prüfen mit der vom Antrag betroffenen kirchlichen Institution die Plausibilität der von der antragstellenden Person erhobenen Beschuldigungen. Die Plausibilität einer Tatschilderung, beispielsweise zu Beschuldigtem, Tatort, Tatzeit und Tathergang, als Voraussetzung für den Erhalt von materiellen Leistungen ist dann gegeben, wenn sie objektiven Tatsachen nicht widerspricht und im Übrigen bei Würdigung aller Umstände eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ihre Richtigkeit spricht.
Die Begutachtung entsprach bereits bestehenden Anforderungen einer Plausibilitätsprüfung. So ließen sich, wie bereits erwähnt, durchaus unplausible Darstellungen von Tatort, Tatzeit und Tathergang feststellen. Die Ausarbeitung möglicher suggestiver Faktoren (Scheinerinnerungen) war dabei nur ein zusätzlicher Punkt, der Teils gar nicht für die Feststellung fehlender Plausibilität benötigt wurde, jedoch einen möglichen Erklärungsansatz zur Entstehung liefert.
An mehreren Stellen des Berichtes war zu lesen, dass bei Anschuldigungen keine Plausibilitätsprüfung durchgeführt wurde. Die Vorwürfe wurden einfach als berechtigt “durchgewunken”.
Fast alle Kritiken greifen auf, dass die Glaubwürdigkeit von Betroffnenen infrage gestellt werden könnte. Teilweise wird von einer allgemeinen Diskreditierung geschrieben, welche teilweise reflexhaft hervorgeholt wird, sobald man in diesem Bereich Kritik an Institutionen oder Beteiligten ausübt.
Verallgemeinerungen dieser Art, sind insbesondere von der Aufarbeitungskommission bekannt. Sei es aus der Kritik zum Thema Rituelle Gewalt aus dem Jahr 2023, oder auch in ihrer Programmbeschwerde zur Satanic Panic Sendung des ZDF Magazin Royale.
Auch die (Stellungnahme des Eckigen Tisches) benennt einen Abschnitt der Stellungnahme mit Diskreditierung der Betroffenen durch das Gutachten.
Dass Täter versuchen könnten, Opfer zu diskreditieren und deren Aussagen ins Lächerliche zu ziehen, oder als unglaubwürdig darzustellen, ist möglich. Der Bericht der Bistümer Münster, Essen und Osnabrück kann dabei eine Vorlage liefern. Negative Einflüsse auf die Aussagekraft von Betroffenen sehe ich aufgrund von Einzelfallprüfungen allerdings nicht. Der Begriff Aussagekraft ist an dieser Stelle bewusst gewählt, da ich nicht abstreiten möchte, dass sich Nachteile in Glaubwürdigkeit und persönlichem Ruf ergeben könnten. Es könnte tatsächlich zur Folge haben, dass Betroffene zukünftig die gleichen Probleme haben wie zu Unrecht Beschuldigte. Das Hinzuziehen der Aussagenpsychologie kann dabei unterstütztende Effekte haben und die Glaubwürdigkeit von Anschuldigungen untermauern.
Aus meiner Sicht wäre es zudem sinnvoll, dass Medien ihre Berichterstattung so gestalten, dass keine Verallgemeinerungen provoziert werden - dies fängt bereits mit der Überschrift eines Artikels an. (Man kann heutzutage vermutlich froh sein, wenn mehr als nur die Überschrift eines Artikels gelesen wird.)
Mir erscheint es zudem so, dass der Begriff “Opfer” sehr einseitig ausgelegt wird. Kritiker vernachlässigen in meinen Augen, die Opfer über Jahre andauernder Fehltherapien und zu Unrecht des sexuellen Missbrauchs Beschuldigte. Es gib keinen Grund Opfer gegeneinander auszuspielen. Alle in diesem Absatz genannten Opfergruppen haben ein Recht auf eine angemessene Interessenvertretung.
Mehrere der Kritiken weisen auf eine geringe Aussakraft des Berichtes hin.
Aus über hunderten von Fällen, wurden die Aussagen von unter 20 Betroffenen ausgewertet. Insofern dürfte die Studie tatsächlich wenig Aussagekraft über den gesamten Themenkomplex von Missbrauch innerhalb der Bistümer haben. Die untersuchten Fälle unterschieden sich jedoch erheblich im Schweregrad gegenüber anderen Missbrauchsvorwürfen. In den untersuchten Fällen war von Opferungen, Kanibalismus und sogar Kindstötungen die Rede.
Die Darstellung innerhalb der Kritiken ist eher verallgemeinernd, was weder der Pressemitteilung des Bistums Münster, noch dem Bericht selbst gerecht wird. Dort wird explizit das Thema Rituelle Gewalt als Objekt der Untersuchung benannt.
Teils wurde kritisiert, dass die Anwaltskanzlei auf Wirtschaftsrecht spezialisiert sei und es sich eher um ein Propaganda- oder Gefälligkeitsgutachten handeln würde. Dies ist keine sachliche Kritik und lässt vermissen, dass über das Gutachten auch Versäumnisse des Bistums Münster benannt werden und Missbrauchsdarstellungen in Fällen ebenso als plausibel eingeordnet wurden. Cui bono (wem nützt es) ist ein Denkfehler und kein Argument!
An der Erstellung des Berichtes waren die Rechtsanwälte Matthias Sartorius und Niklas Kindhäuser beteiligt. Die beiden Anwälte weisen tatsächlich keine ausgezeichnete Expertise im Bereich Strafrecht aus, lediglich Erfahrung in den Bereichen Kriminalistik.
An der Erstellung des Gutachtens, inklusive der aussagepsychologischen Einordnung, waren die beiden Rechtsanwälte nicht beteiligt. Dieser Auftrag lag bei den Psychologinnen Silvia Gubi-Kelm und Petra Wolf. Fehlende Expertise wurde durch externe Expertise ergänzt.
Anderen Kritiken wirkten eher wie ein Geraune von Spekulationen und lieferten eigentlich keine verwertbaren Punkte, an denen man sinnvoll und argumentativ ansetzen konnte.
Auch die Erwähnung realer Missbrauchsfälle ist kein geeigneter Ansatz, um die Veröffentlichung der Bistümer zu kritisieren. Marc Dutroux, Missbrauchsfälle aus Bergisch Gladbach & Co haben mit diesem Bericht einfach nichts zu tun.
Es ist verständlich, wenn Opferbände in solch einer Berichterstattung Gefahr für die eigene Aufklärungsarbeit sehen. Dies ist in meinen Augen teils mit Unwissenheit und einer nur oberflöchlichen Auseinandersetzung mit bestimmten Themen erklärbar.
Es ist für mich nicht verständlich, wenn wichtige Ämter, mit wichtigen Aufgaben, Kritik umdeuten und sich berufen fühlen, auf die Erhaltung eines Verschwörungsnarrativs zu beharren.
Gegenüber der Süddeutschen Zeitung äußerte Kerstin Claus
Zudem fordert Claus eine bessere Aufklärung über die Qualitätsstandards in der Psychotherapie. Suggestive Elemente verstießen gegen grundlegende therapeutische Vorgaben.
Ja, ein sinnvoller Ansatz. Das Bistum Münster hat für sich bereits beschlossen die Hilfen aufrecht zu erhalten, allerdings nur noch für Therapien, an denen keine Vertreter Ritueller Gewalt mitwirken. Die Fälle am Bistum Münster zeigten, dass die Opfer von einer Therapie zur anderen weitergereicht wurden. In einem Fall waren eine Frau und ihr Mann beide von Ritueller Gewalt betroffen. Die Therapiekosten beliefen sich zusammen auf umgerechnet 300.000,00 €. Wenn ein Therapieansatz nicht wirkt und belastende Symptome verstärkt, sollte man diesen Ansatz überdenken.
Eine weitere Betroffene rutschte, nach einer verfehlten Aufnahmeprüfung, hinab in den Kaninchenbau der Rituellen Gewalt Vertreter. Durch starkes Engagement wuchs sie zu einer Expertin des Themas Rituelle Gewalt heran, sei auf Social Media aktiv und veröffentlichte ihre Geschichte in einem Buch. Das Engagement ist beachtlich, hätte aber deutlich sinnvoller eingesetzt werden können. So hätte vielleicht die verpasste Karriere zu einer anderen Karriere werden können. Ein Einzelfall ist sie damit leider nicht.
Die Vertreter des Verschwörungsnarrativ rekrutieren unter den Klientinnen und Klienten, setzen sie für eigene Zwecke ein und halten somit ihr Netzwerk aufrecht. Es wäre angemessen, wenn sich insbesondere die Aufarbeitungskommission zukünftig stärker an wissenschaftlichen Kriterien orientieren würde. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn sich wichtige Gremien zukünftig von kritisch zu betrachtenden Organisationen klar distanzieren, anstatt sich im Nationalen Rat von genau diesen beraten zu lassen.
Missbrauchsbetroffene kritisieren Studie zu ritueller Gewalt - Gefahr der Verharmlosung, 10.10.2025
https://www.domradio.de/artikel/missbrauchsbetroffene-kritisieren-studie-zu-ritueller-gewalt
Keine Nachweise für kirchliche Täternetzwerke Ritueller Gewalt, 09.10.2025
https://www.bistum-muenster.de/startseite_aktuelles/newsuebersicht/news_detail/keine_nachweise_fuer_kirchliche_taeternetzwerke_ritueller_gewalt
Untersuchung zu Vorwürfen Ritueller Gewalt, 09.10.2025
https://www.bistum-muenster.de/untersuchung_rituelle_gewalt
„Bloß eine Scheinerklärung“: Bistum Münster untersuchte ein Dutzend Fälle ritueller Gewalt, 09.10.2025
https://skeptix.org/2025/10/09/14594/
„Mysteriös, unbegreifbar“: Warum verzichtet die Satanic-Panic-Szene nicht auf den Begriff der Rituellen Gewalt?, 09.10.2025
https://skeptix.org/2025/10/12/mysterioes-unbegreifbar-warum-verzichtet-die-satanic-panic-szene-nicht-auf-den-begriff-der-rituellen-gewalt/
Untersuchung entlastet verstorbene katholische Geistliche von Vorwürfen – Kritiker monieren Vorgehen, 09.10.2025
https://www.ksta.de/politik/keine-belege-fuer-gewalt-studie-weist-missbrauchsvorwuerfe-zurueck-bistuermer-koeln-essen-muenster-1124649
Katholische Kirche - Gab es Netzwerke ritueller Gewalt?, 10.10.2025
https://www.sueddeutsche.de/politik/missbrauch-rituelle-gewalt-katholische-kirche-li.3323394?reduced=true
Betroffenenbeirat sieht aktuelles Gutachten zur rituellen Gewalt äußerst kritisch, 10.10.2025
https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/Dossiers_alt/dossiers_2025/2025-10-10_PM-Betroffenenbeitrat-Gutachten-zur-rituellen-Gewalt.pdf
Falsche Prämissen und eine vertane Chance – Replik auf die „Expertise“ zur Methode der forensischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung (Fegert, Gerke, Kliemann, Pusch, Rixen & Sachser, 2024)
https://link.springer.com/article/10.1007/s11757-025-00886-3
Prof. Dr. Stephan Rixen als neues Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission des Bundes berufen, 30.01.2023
https://www.aufarbeitungskommission.de/service-presse/presse/pressemitteilungen/prof-dr-stephan-rixen-als-neues-mitglied-der-unabhaengigen-aufarbeitungskommission-des-bundes-berufen/
Stellungnahme zum „Bericht über die Untersuchung zu Vorwürfen Ritueller Gewalt“, 17.10.2025
https://www.eckiger-tisch.de/stellungnahme-zum-bericht-ueber-die-untersuchung-zu-vorwuerfen-ritueller-gewalt/
Stellungnahme zum „Bericht über die Untersuchung zu Vorwürfen Ritueller Gewalt“, 10.10.2025
https://www.aufarbeitungskommission.de/mediathek/stellungnahme-zum-bericht-ueber-die-untersuchung-zu-vorwuerfen-ritueller-gewalt/
Sexueller Kindesmissbrauch in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen, 17.01.2023
https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/service/publikationen/sexueller-kindesmissbrauch-in-organisierten-und-rituellen-gewaltstrukturen-214122
Sexueller Kindesmissbrauch in organisierten und rituellen Gewaltstrukturen, April 2018
https://www.bundeskoordinierung.de/de/article/117.fachkreis-beim-bmfsfj-ver%C3%B6ffentlicht-empfehlungen-an-politik-und-gesellschaft.html
Gemeinsame Verständigung des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen, Juni 2021
https://www.bmbfsfj.bund.de/resource/blob/183016/fb60b0aee0557bf73b992d3da226f098/gemeinsame-verstaendigung-nationaler-rat-data.pdf
Stellungnahme zur pauschalen Infragestellung von Betroffenen sexuellen Kindesmissbrauchs in organisierten und rituellen Strukturen, 20.03.2023
https://www.aufarbeitungskommission.de/service-presse/presse/pressemitteilungen/stellungnahme-zur-pauschalen-infragestellung-von-betroffenen-sexuellen-kindesmissbrauchs-in-organisierten-und-rituellen-strukturen/
Programmbeschwerde gegen die Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 08.09.2023, 19.09.2023
https://www.aufarbeitungskommission.de/service-presse/service/meldungen/programmbeschwerde-gegen-die-sendung-zdf-magazin-royale-vom-08-09-2023/
Untersuchung: Keine Belege für rituelle Gewalt in Bistümern, 15.10.2025
https://www.linkedin.com/pulse/untersuchung-keine-belege-f%C3%BCr-rituelle-gewalt-bist%C3%BCmern-heiss-fcc2e/
Verfahren zur Anerkennung des Leids
https://www.dbk.de/themen/sexualisierte-gewalt-und-praevention/informationen-fuer-betroffene/verfahren-zur-anerkennung-des-leids
ORDNUNG für das Verfahren zur Anerkennung des Leids, Stand 2023
https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/microsites/Sexualisierte_Gewalt_und_Praevention/Dokumente/2023-ORDNUNG-Verfahren-zur-Anerkennung-des-Leids.pdf
Steller, M. Stand und Herausforderungen der Aussagepsychologie. Forens Psychiatr Psychol Kriminol 14, 188–196 (2020).
https://doi.org/10.1007/s11757-020-00589-x
Volbert, R., Brackmann, N., Gewehr, E. et al. Falsche Prämissen und eine vertane Chance – Replik auf die „Expertise“ zur Methode der forensischen Glaubhaftigkeitsbegutachtung (Fegert, Gerke, Kliemann, Pusch, Rixen & Sachser, 2024). Forens Psychiatr Psychol Kriminol 19, 204–215 (2025).
https://doi.org/10.1007/s11757-025-00886-3